Digitales Therapiemanagement und Diabetes

Zuckerwerte messen, Kohlenhydrate schätzen, die richtige Insulinmenge ausrechnen und alle Ergebnisse präzise in einem Tagebuch festhalten – und das Tag für Tag. Eine so datenlastige Krankheit wie Diabetes, erfordert insbesondere von Patientinnen und Patienten mit Diabetes Typ 1 viel Disziplin und Aufmerksamkeit.
Zahlreiche Menschen mit Diabetes leben daher in ständiger Sorge vor Über – oder Unterzuckerungen. Der Diabetes bestimmt ihren Alltag. Das kann auf Dauer sehr ermüdend und frustrierend sein und führt dann häufig zu Phasen der Vernachlässigung des Diabetestagebuchs, geschönten Werten, Berechnungsfehlern und zu Blutzuckerentgleisungen.

Apps versprechen smarte Unterstützung

Eine große Entlastung bieten computergestützte Angebote. So können Blutzuckermessgeräte mit Speicherfunktion genutzt werden, deren Daten der Arzt über USB oder Bluetooth in eine Auswertungssoftware am Computer einspeist. Dieser wertet die Messergebnisse seit dem letzten Arztbesuch automatisch aus und stellt die Resultate in übersichtlichen Graphiken dar.

Piksen und spritzen war gestern

Aber nicht nur für die Datenverwaltung – auch für die Zuckermessung und die Insulinzufuhr gibt es Geräte oder andere digitale Unterstützer, die diese (teilweise) automatisiert durchführen. Die herkömmliche Bestimmung des Blutzuckerwertes mittels Piks in den Finger wird immer mehr durch sensorbasierte Messungen verdrängt, die beliebig oft mit einem Scanner wiederholt werden können. Eine Weiterentwicklung stellt die ständige Zuckermessung (CGM) über einen am Körper fixierten Sensor dar, was im Kölner Kardio-Diabetes Zentrum regelmäßig geschult wird. Der Sensor übermittelt die Werte an einen Empfänger, der je nach Produkt mit dem Smartphone verbunden werden kann.

Bestimmte Insulinpumpen lassen sich zum CGM-System erweitern, sodass die Pumpe zum Empfänger der vom Sensor gemessen Glukosewerte wird und kein zusätzliches Steuerungsgerät getragen werden muss. Ein solches "Hybrid-Closed-Loop"-System, ein fast geschlossenes System zur Insulinversorgung wird daher auch als "künstliche Bauchspeicheldrüse" bezeichnet.

Kein Ersatz für den Arzt

Digitale Angebote unterstützen und vereinfachen das Diabetes-Management heute schon enorm. Glukosemessung, Insulinabgabe, Übermittlung der Daten – vieles geschieht automatisch, vereinfacht den Alltag und führt zu einer verbesserten Zuckerstoffwechselkontrolle. Dennoch gilt: Diabetes ist eine chronische Erkrankung, die entsprechend sorgfältig – und ärztlich unterstützt – gemanagt werden muss. Dabei bleibt der persönliche Kontakt auch bei zunehmender Digitalisierung nach wie vor die grundlegende Basis einer langfristig erfolgreichen Diabetes-Therapie.


Glukose-Selbstmessung

Wie häufig ist das sinnvoll?

Eine Blutglukosemessung ist grundsätzlich sinnvoll im Rahmen der üblichen Kontrolltermine und Check-Ups zum Beispiel einmal jährlich. Wurde jedoch bereits ein Diabetes Mellitus diagnostiziert, sollte man laufend über den Glucose-Wert informiert sein.
Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt werden die individuellen Therapieziele, wie die Höhe des Langzeitzuckerwertes und der einzelnen punktuell gemessenen Blutzuckerwerte bestimmt. Um Blutzuckermessungen korrekt durchzuführen, ist eine Einweisung durch medizinisches Fachpersonal in das benutzte Blutzuckermesssystem wünschenswert. Bei stabiler Stoffwechsellage ohne die Anwendung von Insulin empfiehlt sich eine 4-Punkt-Messung (morgens-mittags-abends und vor dem Schlafen gehen) mindestens einmal monatlich (Empfehlung Leitfaden zur Glukose-Selbstkontrolle in Beratung und Therapie, VDBD 2019). Wird zur Therapie des Diabetes eine oder mehrere Insulingaben über den Tag verteilt benötigt, sollte der Glukosewert häufiger ermittelt werden.

Welche Werte sind erstrebenswert?

Bei Menschen ohne Diabetes liegt der Glukosespiegel im Blut nüchtern (nach 8 bis 10 Stunden ohne Nahrung) zwischen 60-110 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) beziehungsweise 3,3 - 6,1 Millimol pro Liter (mmol/l).
Nach dem Essen steigt der Blutzuckerwert gewöhnlich nicht über 140 mg/dl (7,8 mmol/l).

Welche Möglichkeiten zur Selbstmessung gibt es?

Wir können mit Hilfe von Blutzuckermessgeräten den Blutzuckergehalt bestimmen, oder aber auch mit Hilfe von Sensoren den Glukosegehalt in der Gewebeflüssigkeit der Haut über 24 Stunden kontinuierlich (CGM kontinuierliche Glukose-Messung) ermitteln. Dieses System besteht aus einem Nadelsensor, der durch die Haut ins Unterhautgewebe geschoben wird und einem Empfangsgerät (auch Handy möglich), das die gemessenen Glukosewerte anzeigt. Der Sensor ist ca. 5mm lang und misst die Blutglukose in der Zwischenzellflüssigkeit. Er hat eine Tragedauer von ca. 10-14 Tagen, danach sollte er ausgewechselt werden.

Blutzuckermessgeräte und die dazugehörigen Teststreifen werden durch die Krankenkassen in begrenzter Menge erstattet. Auch die sensorunterstützte Messmethode wird häufig von den Krankenkassen erstattet, wenn eine intensivierte Insulintherapie (Mahlzeiten- und Langzeitinsulin) durchgeführt wird und die vereinbarten Therapieziele nicht auf andere Weise erreicht werden können.

Eine wesentliche Voraussetzung für die richtige Benutzung der Technologie ist eine Schulung in einer qualifizierten Einrichtung und die kontinuierliche Betreuung durch ein spezialisiertes Diabetes-Team. Rezeptieren dürfen diese CGM-Geräte Arztinnen und Ärzte für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie sowie für Allgemeinmedizin oder für Kinder- und Jugendmedizin jeweils mit der Anerkennung „Diabetologie“ oder „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“ bzw. mit vergleichbarer Qualifikation.


Hafertage bei Diabetes Mellitus und Insulinresistenz sowie metabolischem Syndrom

Die Ernährung bildet eine der wesentlichen Säulen einer erfolgreichen Behandlung des Diabetes Mellitus. Hafer – reich an Vitaminen, Mineralstoffen und ungesättigten Fettsäuren – wird schon lange in der Behandlung von Herz-Kreislaufstörungen, Bluthochdruck und Diabetes Mellitus diätetisch unterstützend eingesetzt.

Die löslichen Ballaststoffe im Hafer (Beta-Glucane) sorgen für einen geringeren Glukoseanstieg. Durch die Bindung der Gallensäuren, wodurch die Neubildung von Cholesterin gehemmt wird, erfolgt bei 3g Beta-Glucan/ Tag nachweislich eine Senkung des Cholesterinspiegels.

Die „Hafertage“ sind besonders für Menschen mit einer erhöhten Insulinresistenz (Typ-2-Diabetes) geeignet. Ziel der Hafertage ist es, die Insulinresistenz zu senken und somit die Wirksamkeit von körpereigenem oder zugeführtem Insulin zu verbessern. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass eine mehrtägige Haferkur insbesondere bei Menschen mit Diabetes, die Insulin spritzen oder Sulfonylharnstoffe einnehmen, therapeutisch begleitet werden sollte, da eine Blutzuckerabsenkung von 30 bis 40 % erfolgen kann und eine Insulineinsparung bis zu 43% möglich ist. (Studie Uni Mannheim 2007)

Hafertage sind eine maximal 2- bis 3-tägige Kurzzeitkur, bei der ausschließlich stark haferhaltige Mahlzeiten verzehrt werden. Aufgrund des Risikos der Unterzuckerung sollten die Hafertage in Absprache mit dem therapeutischen Team und unter ärztlicher Betreuung stattfinden, um die Insulinmengen entsprechend anzupassen. Im Anschluss an die Kurzzeitkur ist es sinnvoll, Hafer als festen Bestandteil in die Ernährung zu integrieren, z. B. durch bis zu sechs Hafermahlzeiten pro Woche oder in Form eines „Hafertags“ alle zwei bis drei Wochen. Als Langzeiteffekt ergibt sich bei vielen Patientinnen und Patienten ein bis zu 4 Wochen anhaltender geringerer Insulinbedarf nach Beendigung der Hafertage.

(Link zu unseren Hafertage Anleitungen)


Ernährung bei Diabetes

Heutzutage wird Menschen mit Diabetes keine „Diät“ mehr verordnet. Es werden stattdessen Therapieziele formuliert, die realistisch sind und bestmöglich zu der Lebenssituation und den Bedürfnissen der Betroffenen passen.

Die verständliche Aufklärung und Abwägung der Vor- und Nachteile einzelner Therapieoptionen ist ein wichtiger Schritt in der partizipativen Entscheidungsfindung. Die zentrale Aussage in den aktualisierten Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist durch eine Gewichtsreduktion von 10-15% des Ausgangsgewichts, den Zuckerstoffwechsel stark zu optimieren und zeitweise ggfs. ohne Medikamente auszukommen. Wichtigste Neuerung: Strenge Vorgaben für die Mengenaufnahmen von Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten sind überholt. Ernährungsmuster zu wählen, entlang der entsprechenden Vorlieben, wird stattdessen bevorzugt.

Die Ernährungsempfehlungen der DDG beinhalten praktische Richtlinien für eine gesunde und ausgewogene Kost, am besten im Sinne einer kohlenhydratreduzierten oder mediterranen Ernährung. Dabei kommt es auf die „richtigen“ Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette an.

Kohlenhydrate sollten bevorzugt in Form von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen verzehrt werden, damit ein langsamer Glukoseanstieg ermöglicht wird. Industrielle Transfette (gehärtete Fette in Fertigprodukten) sind zu vermeiden. Es wird empfohlen, täglich verschiedene Ballaststoffe aus natürlichen Quellen (Gemüse; Rohkost; Salat) zu verzehren. Eiweiße sollten 15-25% der Nahrungsenergiemenge betragen und können anteilig aus tierischen Quellen stammen, von zuckergesüßten Getränken wird abgeraten.

Der Einsatz von Formula-Diäten (bilanzierte Flüssigdrinks oder Nährstoffpulver) wird im Hinblick auf die Gewichtsreduktion und Glukosenormalisierung positiv bewertet, auch Intervallfasten unter ärztlicher Überwachung kann als Mittel zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden. Das Ausmaß dieser Reduktion orientiert sich an den individuellen Therapiezielen, eine Reduktion um 15% des Ausgangsgewichts sollte bei Adipositas angestrebt werden Im stationären Setting sind zur Durchbrechung starker Insulinresistenz Hafer- bzw. Ballaststofftage sehr zu empfehlen. (Praxisempfehlungen DDG 2021)