Forschungsprojekt Diabetes, Herzinsuffizienz und Sport

Wissenschaftliche Relevanz des Themas

In Deutschland waren im Jahr 2017 rund 7,5 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt; davon über 95 Prozent an Typ-2-Diabetes. Viele weisen bereits Begleiterkrankungen auf, z. B. das diabetische Fußsyndrom (Prävalenz: 2-10%), die diabetische Nephropathie (ca. 42%) oder die Koronare Herzkrankheit (ca. 30%). Nicht selten werden diese Komorbiditäten erst spät erkannt und weisen dann einen ungünstigen Verlauf auf. So wurden deutschlandweit im Jahr 2010 rund 137.000 Todesfälle mit Typ-2-Diabetes assoziiert. Prognostisch stehen insbesondere die kardiovaskulären Komplikationen im Vordergrund, an denen weltweit etwa 50 Prozent der Typ-2-Diabetiker*innen und 40 Prozent der Typ-1-Diabetiker*innen versterben.

Etwa die Hälfte aller Todesfälle von Diabetiker*innen in Deutschland sind durch einen Myokardinfarkt oder Schlaganfall verursacht. Das Auftreten kardialer Begleiterscheinungen beschränkt sich dabei nicht auf atherosklerotische Veränderungen. Neben einer koronaren Herzerkrankung bzw. einer ischämisch bedingten Herzinsuffizienz wird zunehmend das Auftreten einer sogenannten diabetischen Kardiomyopathie als möglicher Risikofaktor für kardiale Komplikationen diskutiert.

Generell findet sich bei etwa zehn bis 30 Prozent aller Diabetiker*innen eine Herzinsuffizienz. Die Prognose ist im Vergleich zu herzinsuffizienten Patient*innen ohne Diabetes ungünstiger. So zeigen sich eine schlechtere Lebensqualität und eine geringere Distanz im 6-Minuten-Gehtest. Gleichzeitig ist die Mortalität zehn- bis zwölfmal höher und die Betroffenen sind fast zweieinhalbmal häufiger hospitalisiert. Dabei sind sowohl die Re-Hospitalisierungsrate wie auch die durchschnittliche Hospitalisierungsdauer erhöht. Dementsprechend sind die jährlichen Kosten pro Diabetespatient*in bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz um 66 Prozent höher als bei Diabetiker*innen ohne entsprechende Komorbidität. Die stationäre Versorgung macht dabei 30 Prozent der Kosten aus. 

Aus den genannten Gründen benötigen Diabetiker*innen mit Herzinsuffizienz eine optimale Therapie, bestehend aus Schulung, Medikation und Bewegung. Bislang gibt es allerdings keine adäquaten Schulungsmaßnahmen, die diesem komplexen Erscheinungsbild gerecht werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es daher, den Einfluss einer stationären Kurzintervention auf die Hospitalisierung bei Diabetiker*innen mit Herzinsuffizienz nach zwei Jahren (primärer Endpunkt) sowie die körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität nach sechs Monaten bzw. zwei Jahren (sekundäre Endpunkte) zu untersuchen. Die Kurzintervention basiert auf den Themenfeldern Bewegung, Entspannung und Ernährung sowie optimaler medikamentöser Einstellung und Selbstmanagement. Eine Gruppe erhält zusätzlich ein angeleitetes Bewegungsangebot. Langfristig sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu der Entwicklung entsprechender Schulungsprogramme beitragen.

Studiendesign

Es handelt sich bei der beantragten Studie um eine block-randomisierte, kontrollierte (offene) Pilotstudie. Bei der Studie sollen zwischen 60 und 75 Versicherte der IKK classic über ihre Krankenkasse rekrutiert und einer von zwei Gruppen zugeteilt werden (Studiengruppe 1: Patient*innen erhalten Sportangebot; Studiengruppe 2: Patient*innen erhalten kein Sportangebot). Nach der Gruppeneinteilung und Einwilligung in die Studienteilnahme erfolgt für alle Studienteilnehmer*innen eine dreitägige Kurzintervention im St. Hildegardis Krankenhaus Köln. Diese umfasst neben einer umfangreichen Diagnostik eine Überprüfung und Optimierung der Diabetes- und Herzinsuffizienzmedikation nach den aktuellen Leitlinien sowie drei Unterrichtseinheiten (je 45 min) zu folgenden Themen:

  • Ernährung und Diabetes mellitus sowie Gesundheitskompetenz/Selbstmanagement auf Basis der zertifizierten Patientenschulung Medias2
  • Bewegung/Entspannung auf Basis der ADA Empfehlungen (2021)
  • Sport Theorie