Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes mellitus, abgekürzt GDM)
Als Schwangerschaftsdiabetes bezeichnet wird die erstmalig in der Schwangerschaft auftretende Störung des Zuckerstoffwechsels. Dabei wird die Diagnose in der Regel durch einen Zuckertoleranztest in der 24.-28. Schwangerschaftswoche gestellt. Hierfür hat jede schwangere Frau in Deutschland das Recht, zunächst einen „kleinen“ Zucker-Vortest bei ihrer Frauenärztin/ihrem Frauenarzt zu bekommen. Wenn dieser Test auffällig ist, also der Blutzuckerwert eine Stunde nach dem Trinken einer Zuckerlösung zu stark ansteigt, wird der Zuckertoleranztest durchgeführt. Hierbei wird vor sowie eine und zwei Stunden nach dem Trinken einer ganz genau definierten Menge an Zuckerlösung der Blutzucker gemessen. Wichtig für Sie als Patientin ist, sich genau an die Vorgaben (z.B. nachts vor dem Test nichts essen, während des Tests nicht herumlaufen und andere) zu halten, damit der Test nicht verfälscht wird und durch ein unrichtiges Ergebnis Ihre und die Gesundheit ihres ungeborenen Babys nicht gefährdet wird.
Bei Frauen mit einem besonders hohen Risiko für Schwangerschaftsdiabetes wird schon in der Frühschwangerschaft nach erhöhten Blutzuckerwerten gesucht, um möglichst rasch mit der Behandlung beginnen zu können.
Der Schwangerschaftsdiabetes entsteht durch die Veränderungen im Hormonhaushalt während der Schwangerschaft. Hierdurch werden unter anderem die Empfindlichkeit der mütterlichen Körperzellen auf Insulin sowie der Insulinbedarf beeinflusst. Beim Schwangerschaftsdiabetes übersteigt der Bedarf an Insulin die Möglichkeit der mütterlichen Bauchspeicheldrüse ausreichend Insulin herzustellen. Somit steigt der Blutzucker zu stark an, mit negativen Folgen sowohl für die Mutter als auch für das Kind.
Folgen für die Mutter: während der Schwangerschaft besteht unter anderem ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen, Schwangerschaftsvergiftungen und Frühgeburten. Zudem erhöht sich durch den Schwangerschaftsdiabetes auch in der Folgezeit das Risiko für einen dauerhaften Diabetes mellitus (7 bis 8 x höher als bei Frauen ohne Schwangerschaftsdiabetes). Auch ist das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Engstellen in den großen Schlagadern erhöht. Wichtig für die Mutter ist es, 6-12 Wochen nach der Geburt ihren Zuckerstoffwechsel überprüfen zu lassen, um auszuschließen, dass der Diabetes oder eine Vorstufe weiter besteht.
Bei einer weiteren Schwangerschaft tritt der Schwangerschaftsdiabetes meist erneut auf.
Durch den erhöhten mütterlichen Blutzucker erhält auch das Baby über die Nabelschnur zu viel Zucker. Dessen Bauchspeicheldrüse muss dann zu viel Insulin produzieren. Dies führt unter anderem zu einem übermäßigen Wachstum des Kindes und insbesondere des Bauches und des Bauchfetts des Kindes. Kurz nach der Geburt tritt zudem oft eine Unterzuckerung auf, da nach dem Durchtrennen der Nabelschnur dem Kind plötzlich nicht mehr so viel Zucker zur Verfügung steht.
In vielen Fällen kann der Schwangerschaftsdiabetes ohne den Einsatz von Medikamenten behandelt werden. Durch eine angepasste Ernährung und Bewegung wird die Insulinempfindlichkeit der Zellen verbessert und starke Blutzuckeranstiege können so verhindert werden. Solange aus Sicht des Frauenarztes/ der Frauenärztin nichts dagegenspricht, sollte Sport fortgeführt oder begonnen werden. Zumindest täglich 30 Minuten zügiges Spazierengehen oder leichte Übungen sind für fast alle Schwangeren möglich.
Bezüglich der Ernährung werden 3 Haupt- und 2-3 kleinere Zwischenmahlzeiten empfohlen. Hier sollten möglichst wenig Lebensmittel gegessen werden, die den Blutzucker schnell und stark ansteigen lassen (wie Weißmehlprodukte, Reis, Zucker, Saft, Limonade, Trauben), sondern lange sättigende Lebensmittel mit vielen Ballaststoffen (wie Vollkornprodukte, Gemüse, Beeren, Naturjoghurt) bevorzugt werden. Hierzu werden Betroffene ausführlich von ihrer behandelnden Praxis oder Klinik geschult. Gleiches gilt für Blutzuckerselbstmessungen mit deren Hilfe die Patientin unmittelbar herausfinden kann, welche Lebensmittel welchen Effekt auf den Blutzucker haben. Eine übermäßige Gewichtszunahme sollte unbedingt vermieden werden.
Reichen Bewegungs- und Ernährungstherapie nicht aus, um den Bedarf Ihres Körpers mit Insulin zu decken, wird dieses als Medikament gespritzt. Insulin ist ein körpereigener Botenstoff und schadet weder der Patientin noch ihrem Baby- ganz im Gegenteil, nur mit ausreichend Insulin im Körper kann der Blutzucker im Ziel sein und somit negative Folgen für Mutter und Kind verhindert oder zumindest reduziert werden. Mit der Geburt kann die Insulingabe in aller Regel beendet werden.
Nach der Geburt normalisiert sich langsam die Hormonsituation in der Mutter. Stillen ist bei Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes hatten, besonders nützlich, da sowohl die Mutter (Verbesserung des Blutzucker- und Fettstoffwechsels) als auch das Kind (Vermeiden von kindlichem Übergewicht) profitieren. Auch wenn nach der Geburt der Blutzucker der Mutter oft wieder im Normalbereich liegt (an den Zuckertest nach 6-2 Wochen nach der Entbindung denken!) sollten alle Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes hatten, aufgrund des erhöhten Risikos für spätere Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einmal im Jahr eine Überprüfung ihres Blutzuckers und Langzeitzuckerwertes durchführen lassen.